„Sagenhafte“ Radrunde auf der Enz-Nagold-Platte ab Oberlengenhardt

42 km, 870 Höhenmeter, kleine Asphaltstraßen, Schotter

Start und Ziel: Oberlengenhardt Friedhof.

Wir fahren steil abwärts an den Lengenbach. Hier hört man um Mitternacht manchmal ein schauriges Geheul. Einheimische erzählen, dass es sich dabei um den ruhelosen Geist des Riesen Erkinger handelt, der vor Wut über das zugemauerte Burgtor seiner Liebenzeller Burg in einen herzallerliebsten, kleinen Pudel gefahren sei und seitdem dort sein Unwesen treibe.

Einmal soll ein Fremder im Wirtshaus Hirsch in Maisenbach über diese Sage höhnisch gelacht haben. Da schickten ihn die Stammtischbrüder mit einem vollen Glas Bier um Mitternacht ins Tal. Sie hatten um ein Fass Bier gewettet, wenn er das Glas voll hin und zurück tragen könne. Der Fremde machte sich siegessicher auf den Weg. Die Einheimischen rollten schon einmal das Fass in die Schankstube und setzten sich erwartungsvoll an den Stammtisch. Nach etwa einer Stunde riss der Mann die Tür zur Wirtsstube auf, kreidebleich und am ganzen Körper schlotternd vor Angst. Ein riesiger, schwarzer Pudel habe ihn mit brennenden Augen und stinkendem feurigen Rauch aus Ohren und Maul verfolgt und dabei geknurrt wie tausend wütende Tiger. Das Bierglas hielt er in den verkrampften Fingern – ohne einen Tropfen Bier. Der Wirt hatte nur darauf gewartet und schlug den Zapfhahn ein, freudestrahlend zapfte er Bier um Bier. Der Fremde aber torkelte auf sein Zimmer. So hörte er die derben Sprüche und das Gelächter der Maisenbacher bis zum Morgengrauen nicht mehr. Am nächsten Morgen soll er überstürzt abgereist sein.

Das „Hüttle“ auf der Höhe von Zainen, gleich gibt’s Aussicht!

Nun aber weiter, den Berg hinauf nach Zainen, wo man vom Hüttle aus den Ausblick Richtung Maisenbach weit übers Land genießen kann. Vorbei an der Biogasanlage über die Kreuzung geradeaus und schon wieder hinab und hinauf durch den Wald nach Unterkollbach. Die Strecke, auf der wir jetzt unterwegs sind, wird übrigens von den heimischen Radlern „Berg- und Talbahn“ genannt.

Blick ins Kollbachtal

Das liebliche Kollbachtal mit seinen Wiesen, Obstbäumen und alten Höfen liegt vor uns. Wie sausen hindurch nach Oberkollbach.

Oben am Gasthaus Adler fahren wir über die Kreuzung in das kleine Sträßchen an der Kirche vorbei durch den Wald nach Oberreichenbach. Hier queren wir die große Straße und fahren den steilen Stich bis zum Radweg hinauf. Wer schafft es ohne absteigen? Der Radweg führt uns über den „Hirschkreisel“ oben am Waldrand weiter bis zum Abzweig nach Weltenschwann. Jetzt genießen wir die herrliche Abfahrt am Rötelbach entlang. Rechts und links erstrecken sich Wiesen, liebevoll gestaltete Gärten und die wunderschöne Nordschwarzwälder Bebauung mit ihren roten Fundamenten aus wuchtigen Bundsandsteinen und den farbig bemalten Fichtenschindeln. Diese Schindeln sind am unteren Ende rund und werden hier auf der Enz-Nagold-Platte zum Teil noch von Hand gefertigt, denn die handgespaltenen Schindeln halten länger. Typisch sind auch die kleinen Backhäusle, früher hatte jeder Hof sein eigenes.

Ortseinfahrt Weltenschwann
In Weltenschwann
Altes Schulhaus, heute Kindergarten und VHS-Raum

Wir fahren am schmucken alten Schulhaus zwischen Weltenschwann und Speßhardt vorbei, trudeln durch Speßhardt weiter hinunter. An der Brücke unterhalb von Speßhardt müssen wir aufpassen, denn hier haust ein unsichtbarer Geist unter der Brücke, der schon des öfteren Reisenden Backpfeifen gegeben hat. Normalerweise kommt er nur nachts unter seiner Brücke hervor. Tagsüber fliegt er aber manchmal als Schmetterling unter der Brücke hervor, wenn ihn schnelle Radfahrer neugierig machen. Allzugern würde er auch mal ein solches Zweirad ausprobieren, also bleibt auf der Hut, Radfahrer! Weiter geht’s  nach Sommenhardt mit weitem Blick auf Heumaden und Stammheim. In der unteren Ortsdurchfahrt von Sommernhardt können wir an der Antikscheune altes Handwerkszeug bewundern. Falls das Rathausglöckchen von Sommenhardt läutet, sollten wir genau horchen. Es kann nämlich die Zunkunft weissagen. Wenn es traurig läutet, wird etwas Schlimmes geschehen. Läutet es dagegen lustig, können wir uns auf etwas Schönes freuen.

Weiter geht’s aufwärts Richtung Zavelstein durch ein Spalier alter Mostbirnen (im Spätsommer fährt man hier durch Birnenmus mit Wespen) und weiter zur neuerbauten Schule von Zavelstein. Wer will, kann jetzt einen Abstecher in den Ort machen: Burg, Kirche, alte Schmiede, schmucke alte Fachwerkhäuser, Brunnensysteme und Töpferei besichtigen und das WC im alten Rathaus benutzen. Es lohnt sich auf jeden Fall.

Rechts neben dem Stamm blitzt der Burgturm von Zavelstein durch

Weiter geht’s vorbei am beliebten Friedwald hinüber nach Rötenbach, nur ein paar Meter über die große Straße hinauf und gleich wieder rechts nach Emberg. Vorsicht: freilaufende Hühner! Es geht aufwärts –  Ja! Aber oben angekommen überblicken wir eine tolle Rennstrecke nach Emberg hinüber. Wer wird erster?

Hinter dem ersten Haus von Emberg biegen wir rechts ab in den Wald und halten uns immer auf der kleinen Straße Richtung Schmieh.

Immer wieder weite Ausblicke wie hier in Schmieh

Die Straße schlängelt sich durch ruhige, große Wälder. In Schmieh können wir noch einmal die Aussicht auf die Burg Zavelstein genießen, eher wir gleich am Ortsanfang die kleine Straße in den Wald nehmen. Hier im Wald lag einst das Dorf Oberwürzbach, dass erst vor kurzem wieder entdeckt wurde – naja, Steinmauern, behauende Steine, Reste von Wegen … Jetzt ist es hier so einsam, dass an manchen Tagen die Auerhühner mitten auf der Straße balzen. Nachts muss man sich hier vorsehen, denn das „Schorchenangelse“ geistert in dieser Gegend durch den Wald. Es springt nächtlichen Radfahrern ins Genick, krallt sich fest und singt schaurige Klagelieder. Einst war es ein Mädchen aus Rötenbach, das beim Heidelbeersammeln von einem Ritter verführt wurde. Natürlich versprach er hoch und heilig, sie zu heiraten, wie Ritter das so tun, wenn sie schöne Mädchen unter sich spüren wollen. Der Ritter hielt sein Versprechen nicht, obwohl die Maid schwanger wurde. Deshalb wurde er vom Bruder des Mädchens in einer abenteuerlichen Aktion erschossen. Daraufhin wurde das Mädchen so trübsinnig, dass es sich im Wald erhängte und nun bis in alle Ewigkeiten geistern muss.

Auch ein Hirte war einst in diesem Wald mit seiner Herde unterwegs. Abends vermisste er eine Kuh und machte sich verzweifelt auf die Suche. Da hörte er unten im Boden ein Muhen. Er schlich sich heran und sah durch ein tiefes Loch in ein uraltes Kellergewölbe. Darin torkelte die Kuh herum und soff ab und zu aus einem alten Mostfass, das sie wohl beim Einbruch mit ihren Hörnern beschädigt hatte. Der Hirte hatte alle Mühe, den alten Kellereingang freizulegen und die wild tanzende, völlig besoffene Kuh wieder ins Dorf zu bringen. Danach schlich er wieder zum Mostfass …

Die kleine Straße quert das Weinsträßle, einen Schotterweg. Kurz darauf biegen wir an der blauen Raute auf den Schotterweg Richtung Würzbach ab.

Würzbach hat zwar keine weiten Aussichten, aber in Würzbach gibt es viele schöne Dinge, die das Auge beschäftigen. Wir fahren ganz durch. Am Ortsende biegen wir zum Sportplatz ab, fahren den schnurgeraden breiten Schotterweg zum Sportplatz von Oberreichenbach und dann auf dem Radweg Richtung Siehdichfür.

Der Name Siehdichfür ist ganz einfach zu erklären. Es soll nämlich einmal ein Diener des Grafen von Calw bei einer Bärenjagd verwundert beobachtet haben, wie der Graf nach einem wilden Ritt durch den kalten Wind über die Igelslocher Höhe ein Schneuztuch benutzte. So etwas hatte der Diener noch nie gesehen und wollte es auch einmal probieren. Der Graf kam seiner Bitte, ihm doch einmal das Schneuztuch zu leihen nach, fand aber, dass der Bursche etwas dreist sei und gab es ihm mit den Worten: „ Bursche, sieh dich für!“

Bereits in der großen Rechtskurve vor Siehdichfür nehmen wir den Pfad mitten durch den Straßengraben auf die andere Straßenseite und folgen der gelben Raute Richtung Igelsloch – Cafe Kienle. Dort an der Ecke fahren wir auf dem Rasenweg leicht aufwärts über die weiten Felder. Hier pflügte einmal ein Bauer sein Feld. Immer wieder kamen Steine hoch, die er zur Grenze schleppte und dort zu einem Wall aufschichtete. Langsam wurde es ihm zu viel und er rief aus: „Oh, wenn mir doch bloß ebber die Stoi stehle dät! I dät em a Stickla Kuacha dazua schenka.“ Als er am nächsten Tag weiterackern wollte, lagen alle Steine bereits fertig aufgeschichtet auf dem Grenzwall. Der Bauer erinnerte sich an seinen Ausruf, ging heim, holte ein großes Stück Igelslocher Quarkkuchen und stellte es an den Grenzwall. Dann versteckte er sich, weil er doch zu neugierig war, wer die Arbeit gemacht hatte. Lange musste er nicht warten. Aus dem Steinwall krochen niedliche kleine Männlein, die sich vorsichtig dem Kuchen näherten. Erst probierten sie nur vorsichtig mit den Fingern. Dann brachen sie größere Stücke heraus und schmatzten ganz begeistert – der gute Igelslocher Quarkkuchen ist ja auch jetzt noch weltbekannt und zieht viele Besucher an. Die Männlein waren so begeistert, dass sie fortan immer für den Bauern arbeiteten. Sein Weib backte ihnen jeden Tag einen guten Kuchen nach Igelslocher Geheimrezept und alle waren froh und glücklich.

Das große Dach rechts ist das legendäre Café Kienle

Am Wald oben geht’s rechts zur alten Forstbaumschule, dann über die Lancester-Kreuzung und die Schwannhütte durch den Wald wieder zurück nach Oberlengenhardt.

Letze Sonnenstrahlen bei der Einfahrt nach Oberlengenhardt mit Blick auf die schwäbische Alb

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